Unser Sohn Tim Michalsky ist 19 Jahre alt und verfügt bis auf wenige Worte über keinerlei Lautsprache. Tim arbeitet in einer Werkstatt und am liebsten sitzt er am Computer oder spielt X-Box.
Mit etwa 2 Jahren fing Tim an, ein enormes Interesse für Bücher zu entwickeln. Ab diesem Zeitpunkt konnte man kaum an einem Buchladen vorbeigehen, ohne dass Tim dort nicht im Bereich der Sachbücher stöbern wollte.
Bis zu seinem 5. Lebensjahr hatten wir eine Menge Sachbücher angeschafft, die Tim inhaltlich erfasste und für seine Kommunikation und seinen Wissensdrang brauchte. Bereits im Kindergartenalter war uns bewusst, dass Bilder für seine Kommunikation immer wichtiger wurden. Zur Unterstützung seines Mitteilungsdrangs nutzten wir dann Bilder aus dem Kindergarten (Eingangsbereich, Gruppenraum, Stuhlkreis, Fotos von Kindern), die ihm halfen, seine Erlebnisse und Erfahrungen besser auszudrücken.
Mit 5 Jahren wechselte Tim zu einer Logopädin, die sich für den Bereich UK interessierte und uns mit ersten Bildern aus der UK versorgte. So haben wir Tim ein erstes Heft mit Bildern aus dem UK-Bereich angelegt und auch in der Wohnung in einigen Bereichen sichtbar gemacht, sodass er z.B. in der Küche konkret sagen konnte: „Ich habe Hunger“ oder „Ich habe Durst“.
Weil Tim aber im Laufe der Zeit neben der Kommunikation mit Bildern auch eine eigene Gebärdensprache aufbaute und wir ihn so viel besser und schneller verstehen konnten, wollte er die Bilder immer weniger anwenden.
Im Zuge der Einschulung lernten wir dann Herrn Gülden kennen und Tim wurde zum ersten Mal mit einem Talker vertraut gemacht, den er supertoll fand. Kurz vor seiner Einschulung wurde der Talker dann geliefert und Tim gelang es, sich sehr schnell mit Hilfe des Hauptwort-Bereichs zu verständigen. Dies führte dazu, dass die Kommunikation zunahm und Tim stolz darauf war, sich fremden Personen konkret mitteilen zu können. Trotz dieser Erfolge kam der Zeitpunkt, wo Tim den Talker immer weniger nutzen wollte, bis er ganz aufhörte, mit dem Talker zu reden.
Da Tim sehr kontaktfreudig ist und er durch den Talker viel bessere Möglichkeiten hat, sich zu verständigen, versuchten wir immer wieder, Tim zur Nutzung des Talkers zu bewegen. Tim hatte dann mehrmals Kontakt zur Talkernutzerin Fikria Abbaz, wodurch sein Ehrgeiz, mit dem Talker zu reden und zu lernen, wieder geweckt wurde. Seit einem Jahr benutzt er ihn wieder täglich.
Am liebsten redet Tim über Fußball. Hierfür haben wir eine Fußballseite angelegt, mit der man mitteilen kann, welcher Verein gegen welchen spielt, die Spielergebnisse nennen kann und typische Wörter aus dem Fußballbereich wie Foul, Elfmeter, Einwurf etc. findet.
Um Tim zum Lesen zu animieren, schnitten wir Zeitungsartikel aus über Themen, die Tim interessierten. Mittlerweile nutzt er die ABC-Tastatur immer häufiger selbstständig zum Lesen oder um irgendwo etwas abzuschreiben und uns mitzuteilen. Oft sitzen wir morgens am Esstisch und quatschen über viele Dinge, wobei seine Kommunikation jetzt zu einer Kombination aus Talker und seiner Eigensprache geworden ist. Zur Erweiterung seiner Möglichkeiten versuchen wir immer, das, was Tim in seiner Eigensprache äußert, in einem Satz aufzubauen.
In bestimmten Situationen – z.B. Arztbesuch – benutzt Tim ein Notizbuch, das wir angelegt haben, um einen Text vorher abzuspeichern. Wenn Tim früher zum Arzt ging, stand er stumm da. Nun geht er selbstbewusst zur Anmeldung und kann sagen: „Ich heiße Tim Michalsky! Ich möchte zum Arzt!“
Sehr interessant ist es zu sehen, wie die Menschen auf den Talker reagieren, die so plötzlich damit angesprochen werden. Manche verstummen und wissen wohl nicht, wie Sie hierauf reagieren sollen. Manche bekommen mit, was Tim sagt, wenden sich aber zum weiteren Reden an mich. Und es gibt Leute, die direkt begeistert sind und mit Tim sofort angeregt reden.
Durch den Talker hat Tim bereits viele positive Erlebnisse gehabt, sodass wir täglich daran arbeiten, seine Fähigkeiten zur Kommunikation zu verbessern.
Von Andrea Michalsky.
Kontakt: Stfn-Mick@t-online.de
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Das Ziel von Unterstützter Kommunikation ist es, Menschen aller Altersgruppen, die sich nicht oder nur sehr schwer verständlich äußern können, bessere Verständigungsmöglichkeiten zu eröffnen.
Unterstützte Kommunikation erfordert keine besonderen Voraussetzungen und ergänzt die individuell vorhandenen Ausdrucksfähigkeiten der Person. Neben Gesten, Gebärden, Symbolkarten, Kommunikationsbüchern usw. kommen dabei auch verschiedenartige Hilfen mit Sprachausgabe zum Einsatz.