Als unsere Tochter Mia im Frühjahr 2013 den NovaChat 10 bekommen hat, ist für unsere ganze Familie ein großes Tor in Richtung Kommunikation mit Mia aufgegangen. Wussten wir doch bis dahin nicht (Mia ist immerhin schon 12 Jahre alt!), dass ihre Lieblingsspeise Spinat ist!
Aber jetzt mal ganz von vorne: Mia ist ein fröhliches, geistig und körperlich behindertes Mädchen. Geistig hat Mia heute etwa den Stand einer Zweijährigen. Sie kann sich lautsprachlich nicht verständigen. Bevor wir den Talker bekamen, versuchte sie über Mimik, Kopfbewegungen, Lachen, Weinen und Gestik Wünsche und Bedürfnisse zum Ausdruck zu bringen, was ihr mal gelang, manches Mal aber auch nicht.
Für Außenstehende war es schier unmöglich Mia zu verstehen. Wir versuchten Mia auf die Gebärdensprache GUK zu schulen, das klappte aber nicht, weil Mia motorisch zu schwach ist. Aber Mia konnte sich Bilder und Symbole gut merken, sie erkannte sofort das Logo unseres Supermarktes in der Werbung, hat immer beim Anziehen auf die Etiketten an ihrer Kleidung gezeigt und wir mussten dann das Geschäft benennen, woher z. B. der Pullover kam. Haben wir es nicht richtig gesagt, hat sie immer und immer wieder auf das Logo gezeigt, bis die richtige Antwort kam.
Mia konnte also Symbole eindeutig und sicher erkennen und entsprechenden Wörtern bzw. Begriffen zuordnen. Daher riet Mias Lehrerin zu einem Tallker. Frau Brunhild Petersen von der Firma Prentke Romich schlug den GoTalk 20 mit Symbolen der Metacom-CD vor. Zielgerichtet konnte Mia mit dem Talker auf Fragen antworten und erste Mitteilungen („Ich bin fertig“ oder „Das kann ich alleine“) äußern und hat insgesamt große Fortschritte in ihrer Entwicklung gemacht. Allerdings konnte Mia aufgrund ihrer schlechten Motorik die einzelnen Blätter der verschiedenen Ebenen nicht alleine wechseln.
Dann erzählte Mias Lehrerin, dass Mia in den Schulpausen immer zu einem Jungen in die Nachbarklasse stiften geht, weil der einen Talker hat (nämlich den Nova Chat 10), den Mia richtig gut findet. Schon immer hatte Mia ein großes Interesse an technischen Geräten und Spielzeugen, ihre beiden älteren Brüder mussten dieses schmerzlich erfahren, weil Mia, wenn wir mal nicht aufpassten, an ihren Musikanlagen rumdrückte: Anlage an, CD-Fach raus, CD-Fach rein, Anlage aus. Mias Zimmer ist voll mit Spielzeug, das bei Betätigung Geräusche, Musik oder Stimmen von sich gibt.
Aber zurück zum Talker: schnell war ein Termin mit Frau Petersen, den Lehrerinnen und dem ausgeliehenen Talker des Jungen aus der Nachbarklasse bei uns im Wohnzimmer vereinbart. Eins war uns allen sofort klar: Das ist der richtige Talker für Mia! Zum Glück fanden wir die Unterstützung unserer Krankenkasse und schon bald hatten wir den Talker zu Hause. Dank der Einweisung von Frau Petersen und unserer Logopädin hatten wir ihn schnell für Mia eingerichtet. Wir haben einiges an Symbolen abgespeckt, um Mia den Einstieg zu erleichtern. Zum Beispiel im Bereich Tiere haben wir nur Tiersymbole gewählt, die Mia bereits kennt. Einige Themen (wie z.B. „Adjektive“) haben wir ganz weggelassen.
Mia hat sich erstaunlich schnell in den Talker eingefunden, sie zeigt ein deutliches Symbolverständnis (für uns stehen ja immer noch die Worte unter dem Symbol, Mia aber kann ja nicht lesen). Bald schon begann endlich eine neue Kommunikation zwischen Mia und ihrer Umwelt: Als wir das erste Mal mit Mia und dem Talker im Restaurant waren, haben wir Mia wie immer gefragt: „Möchtest du Pommes oder Pizza?“, das hatten wir die ganzen Jahre zuvor für sie bestellt. Aber zu unser aller Erstaunen hat Mia sich Spinat, Kartoffelpüree und Rührei bestellt! Die Bedienung war begeistert über diese neue Art der Bestellung und sagte nur: „Wie cool ist das denn?“ Und obwohl dieses Gericht nicht auf der Karte stand, hat der Koch es für Mia zubereitet. Sie hat alles in Windeseile „aufgefuttert“ und war überglücklich. Da waren wir es, die sprachlos waren! Was für Eltern waren wir denn, die nicht wussten, dass das Lieblingsgericht ihrer Tochter Spinat ist? Spinat gab es bis dahin nicht bei uns in der Familie, da Mias beiden Brüder Spinat verabscheuen. Auch bei den Getränken konnte Mia ihre ausgeprägte Leidenschaft für Kakao endlich mitteilen.
Dank des Talkers wird in der Familie viel mit und über Mia gelacht. Wenn wir fragen, welches Fest denn bald ist (wir sitzen in der weihnachtlich geschmückten Stube, es ist Mitte Dezember) antwortet Mia „Ostern“ und sie möchte Ostereier suchen und dabei hat sie ein verschmitztes Lächeln auf dem Gesicht, denn sie weiß genau, dass Weihnachten vor der Tür steht. Auch gibt es keine Mahlzeit mehr ohne „Guten Appetit“ von Mia. Wenn wir alle am Tisch sitzen und reden und Mia das Gefühl hat, wir beachten sie nicht, drückt sie ein Wort, das in keinem Zusammenhang mit der Situation steht, ganz oft. Es entsteht eine Daueransage von z. B. „im Planschbecken baden“, „im Planschbecken baden“, „im Planschbecken baden“…
Dann hat sie es geschafft: natürlich fragen alle: „Du willst jetzt im Winter im Planschbecken baden? Das ist doch viel zu kalt!“ Mia lacht und freut sich, dass sie wieder im Gespräch ist.
Dörte Elsen
PRD - weltweit vernetzt und engagiert
In einem starken Verbund
Wir stehen national und international in engem Kontakt und intensivem Austausch mit vielen Firmen und Vereinen, die sich für Unterstützte Kommunikation einsetzen.
Komplexe Kommunikationshilfen von PRD
Robust, vielseitig und innovativ!
Die Gruppe der komplexen Kommunikationshilfen deckt ein weites Spektrum in der Unterstützten Kommunikation ab. Die Anwendungsmöglichkeiten reichen von „sprechenden Schreibmaschinen“ bis hin zu Geräten mit Vokabularen für grammatikalisch korrekte Sprache, die aus mehreren tausend gespeicherten Mitteilungen bestehen.
Grob unterteilen lassen sich die Anwendungen in „moderierte“ und in „freie“ Kommunikation, wobei letztere über Symbole, über Symbole und Schrift oder auch nur über Schrift erreicht werden kann.