In diesem Artikel geben und Martin Baunach und Luca Prachthäuser einen Einblick in die Organisation und den Inhalt der seit vielen Jahren beliebten und bewährten Talkercamps:
Seit 1990 führte der Kölner Verein Rollipop e.V. bislang insgesamt 25 sogenannte Talkercamps durch.
Typisch für die Rollipop Talkercamps ist, dass Unterstützte Kommunikation für die Teilnehmenden nicht zentrales Thema des Wochenendes ist, sondern als Vehikel zu aktivem Mitmachen in der Gruppe dient – bei gemeinsamen Spielen, Exkursionen in Stadt und Wald und kreativen Angeboten.
Interesse? Vorsicht!!! Hier kommt die ganze Wahrheit über Rollipop Talkercamps:
- Rollipop Talkercamps sind personalintensiv. Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit komplexer Behinderung erfordern in der Regel eine 1:1-Betreuung.
- Mit dieser detaillierten Vorbereitung ist man dann sicher genug, am ersten Tag des Camps unter Einbeziehung der teilnehmenden Kinder und Jugendlichen alles noch einmal umzuwerfen, um deren gute Ideen einzubinden.
- Rollipop Talkercamps sind teuer: Trotz vieler ehrenamtlicher Helfer muss immer viel Material besorgt werden, um Medien für jedes Kind und jeden Jugendlichen individuell anpassen zu können. Studierende können es sich heutzutage trotz großen Interesses einfach nicht mehr leisten, „für lau“ mitzufahren, da der Wochenendjob- Verdienst dann wegfällt. Hier unterstützen wir mit Aufwandentschädigungen.
- Rollipop Talkercamps sind qualitätsorientiert: Da muss es dann mal für den standesgemäßen Auftritt des Aliens die Nebelmaschine im Van sein, damit es im Film „authentisch“ wirkt.
- Sie sind anstrengend für die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen, weil sie selten über 2-3 Tage hinweg so intensiv gefordert und gefördert werden.
- Rollipop Talkercamps sind anstrengend für das Leitungsteam, denn man muss permanent beobachten, Entscheidungen treffen, kommunizieren, sich um Pflege und Hilfe beim Essen kümmern, Eigenaktivität ermöglichen, spätabends noch teamen und den nächsten Tag planen, sich über die Teilnehmer austauschen – und kurz vor der viel zu kurzen Nachtruhe noch ein bisschen „chillen“. Natürlich wird auch dabei intensiv kommuniziert.
- Talkercamps sind in der Vorbereitung zeitaufwändig: Generalstabsmäßig wird im Team vorab geplant, diskutiert, weiter geplant und wieder verworfen, werden Medien gebastelt oder besorgt, wieder neu geplant, Alternativen überlegt, gutes und schlechtes Wetter berücksichtigt, Vorinformationen zu den Teilnehmerinnen und Teilnehmer erfragt und besprochen, Pflege und adäquates Essen organisiert, konkrete Szenarien überlegt, die Transportlogistik überlegt, Hilfsmittel beschafft und ein Fuhrpark an UK- Hilfsmitteln geliehen.
Warum also tun wir uns das seit vielen Jahren an?
Weil es Spaß macht, sich in „blind date“- Situationen zu begeben, im Team eng zusammen zu arbeiten, unabhängig von Killerphrasen wie: „Das haben wir alles schon probiert!“ motiviert, einfühlsam, kompetenzorientiert und unvoreingenommen jedem Einzelnen die aktive Teilhabe am Gruppengeschehen zu ermöglichen.
Dabei ist uns das anschließende Gespräch mit Bezugspersonen wichtig, um Ideen für die weitere UK-Förderung diskutieren zu können.
Unser letztes Talkercamp führte uns im Dezember 2017 durch Schneesturm nach Aachen, wo wir ein Wochenende in Stadt und Jugendherberge verbrachten.
Luca Prachthäuser, unser 19-jähriger Co- Trainer aus Siegen, hat durch das Rollipop-Projekt UK-Scout vor einigen Jahren durch Mayal Petersen, DJ und UK-Modell der ersten Stunde, sein Handwerk gelernt. Er berichtet mit Hilfe seines Accent-Talkers im Rahmen eines WhatsApp-Chats vom Camp:
[02.02.18, 19:43:41] Martin Baunach: Wann sollen wir das Interview machen?
[02.02.18, 20:04:31] Luca: das gern jetzt noch machen dann ist das fertig ich rufe jetzt dich einfach an
[02.02.18, 20:07:39] Martin Baunach: Nein. Ich stelle dir über WhatsApp Fragen und du antwortest über WhatsApp
[02.02.18, 20:08:47] Luca: OK du kannst mich fragen
[02.02.18, 20:22:24] Martin Baunach: Hallo Luca du warst mit auf dem Talkercamp im Dezember. Wie läuft so ein Camp ab?
[02.02.18, 20:30:13] Luca: ein Talker Wochenende ist mit Spielen wir waren auf dem Weihnachten Markt
[02.02.18, 20:30:45] Martin Baunach: In Aachen?
[02.02.18, 20:32:48] Luca: Ja, wir waren Aachen
[02.02.18, 20:33:02] Martin Baunach: Was war denn deine Aufgabe beim Camp?
[02.02.18, 20:33:15] Luca: ich habe den Kindern gezeigt wie man mit einem Talker spricht.
[02.02.18, 20:33:37] Martin Baunach: Okay. Erzähl doch mal: Welche Kinder mit Talker waren dabei?
[02.02.18, 20:37:06] Luca: ich kann schwierig die Namen aus dem Kopf schreiben aber ich weiß wie die heißen wie schreibe ich die Namen du musst mir nur die Namen schreiben dann kann ich die Namen ab schreiben
[02.02.18, 20:38:34] Martin Baunach: Gute Idee. Also: Nico, Hendrik, Felix, Saher.
[02.02.18, 20:51:53] Luca: der Hendrik hat ein Talker wie ich im Kindergarten gehabt habe und der Nico hat ein Talker mit Augen und der Felix hat ein Talker wie ich. Der Saher kann mit dem Mund sprechen.
[02.02.18, 20:56:58] Luca: mit den Kindern ein Fragen spiel gemacht
[02.02.18, 20:58:12] Luca: wir haben so Ballons kaputt gemacht
[02.02.18, 20:59:42] Martin Baunach: Luca, mich interessieren erst einmal die Talker- Kinder. Gleich erzählst du von den Aktivitäten auf dem Camp okay?
[02.02.18, 21:00:49] Luca: die Kinder können nur sehr langsam mit dem Talker sprechen
[02.02.18, 21:02:17] Martin Baunach: Ja, das stimmt. Sag mal, den Felix, der ja den gleichen Accent- Talker hat wie du, kennst du ja schon länger.
[02.02.18, 21:05:42] Luca: der Felix war mit auf dem Talker Wochenende weil der lernt mit dem Talker richtig zu sprechen
[02.02.18, 21:06:28] Martin Baunach: und woher kennst du ihn so gut?
[02.02.18, 21:07:45] Luca: wir haben uns in der Schule kann gelernt
[02.02.18, 21:09:17] Martin Baunach: gibst du ihm nicht auch in der Schule regelmäßig Talkerunterricht?
[02.02.18, 21:11:16] Luca: ich gebe auch dem Felix in der Schule Talker Unterricht. Alle zwei Wochen fahre ich in meine alte Schule.
[02.02.18, 21:14:10] Martin Baunach: Jetzt erzähl noch mal von den Spielen auf dem Talkercamp!
[02.02.18, 21:16:09] Luca: ich habe mit den Kindern ein Fragen Spiel gemacht wir haben ein Toaster spiel gemacht
[02.02.18, 21:18:20] Martin Baunach: Toasterspiel? Wie geht das denn?
[02.02.18, 21:20:35] Luca: Toaster spiel geht so die Kinder müssen mit dem Talker sagen wann das Weißbrot nach oben geht. Wir haben auch noch das schmeckt spiel gemacht du musst die Augen zu machen und einfach schmecken was das ist
[02.02.18, 21:27:18] Martin Baunach: Cool. Du hast erzählt, dass ihr auf dem Weihnachtsmarkt in Aachen wart. Habt ihr da auch was gekauft?
[02.02.18, 21:29:49] Luca: wir haben so Sachen auf dem Weihnachten Markt gekauft ich weiß wie die Sachen heißen aber ich habe das Wort nicht auf meinem Talker wie schreibe ich das
[02.02.18, 21:32:01] Martin Baunach: Ja, das ist schwierig. Was habt ihr mit den Sachen vom Weihnachtsmarkt denn gemacht?
[02.02.18, 21:33:11] Luca: wir haben die Sachen uns an dem Sonntag geschenkt
[02.02.18, 21:36:30] Martin Baunach: Ach so, ihr habt gewichtelt?
[02.02.18, 21:36:55] Luca: Ja richtig
[02.02.18, 21:40:28] Martin Baunach: Wie fandest du die Jugendherberge?
[02.02.18, 21:41:49] Luca: geht so das essen war eklig ich bin immer ehrlich
[02.02.18, 21:44:59] Martin Baunach: Heißt das, du kommst nie mehr mit zu einem Talkercamp?
[02.02.18, 21:45:38] Luca: doch sehr gern
[02.02.18, 21:47:14] Martin Baunach: Da freut mich, Luca. Wir brauchen dich unbedingt als Talker-Lehrer. Du bist ein großes Vorbild für die Kinder.
Danke für das Interview. Jetzt muss ich Köln die Daumen drücken, damit wir gegen Dortmund gewinnen!
[02.02.18, 21:50:29] Luca: viel danke ich mache auch die Arbeit so gern ich habe bei der Arbeit immer viel Spaß ich hoffe das Köln gewinnt
Leider hat sich Lucas Hoffnung in diesem Fall nicht erfüllt.
Der Rollipop e.V. plant für 2018 mindestens zwei weitere Talkercamps. Informationen dazu gibt es demnächst auf unserer Homepage www.rollipop.org
Dank an PRD für die langjährige Unterstützung unserer Talkercamps.
Martin Baunach und Luca Prachthäuser