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Annemarie: „Wie sich mein Leben mit Kasimir veränderte“

„Wer ist denn Kasimir?“ fragt ihr euch sicherlich beim Lesen dieser Überschrift. Kasimir ist der Name, den ich mir für meinen ersten Talker aussuchte. Er ist so sehr wichtig für mich, dass ich ihn nicht einfach nur „Talker“ nennen wollte. In meiner Arbeitsgruppe in den Wertachtal-Werkstätten in Kaufbeuren bekam ich einige Namensvorschläge. „Kasimir“ war der Name, der mir am besten gefiel. Das war 1996 und es handelte sich um einen DeltaTalker von Prentke Romich.

Mein Name ist Annemarie Schuster, ich bin 1966 geboren, lebe mein Leben lang in Lechbruck im Allgäu und kam mit einer Körperbehinderung zur Welt. Aufgrund meiner Spastik sitze ich im Rollstuhl und kann nicht sprechen. Mit meinen Eltern kommuniziere ich mit eigener Gebärdensprache, die wir uns gemeinsam ausgedacht haben.

Zehn Jahre lang war ich in der Fritz-Felsenstein-Schule in Königsbrunn, das ist eine Schule für Körperbehinderte. Man wollte mir das Lesen und Schreiben beibringen, aber das ist leider nicht gegangen. 1983, kurz vor dem Ende meiner Schulzeit, kam BLISS an meine Schule. BLISS ist eine internationale Symbolsprache, die mir leicht fiel zu lernen. Zwölf Jahre habe ich mich mit einer Bliss-Mappe verständigt. 1984 war meine Schulzeit zu Ende und ich bekam einen Arbeitsplatz in Kaufbeuren bei den Wertachtal-Werkstätten. Dort fülle ich unter anderem Shampoo und Duschbad ab, verpacke Proben der Firma Nestle, zupfe Kofferecken aus Plastik ab und erledige verschiedene andere Montagearbeiten, teile Lohnzettel aus und führe manchmal Besucherinnen und Besucher durch unsere Werkstatt.

Eine Ergotherapeutin, die bei uns arbeitet, zeigte mir irgendwann dann Kataloge mit elektronischen Kommunikationsgeräten, die sie auf der REHAB gesehen hatte, und ich war sehr interessiert, mich besser verständigen zu können. 1996 konnte ich verschiedene Geräte ansehen und ausprobieren. Der DeltaTalker gefiel mir am besten! Zu meinem großen Glück wurde das Gerät von der Krankenkasse genehmigt und bezahlt.

Durch ständiges Benutzen des Talkers eignete ich mir innerhalb kurzer Zeit die Funktionen und Symbolverknüpfungen an. Anfangs verbrachte ich das ganze Wochenende zuhause mit Ausprobieren am Gerät. Unterstützt wurde ich auch von meiner Gruppenleiterin und meiner Ergoptherapeutin.

2001 löste ein PowerTalker den DeltaTalker ab. Im Jahr 2009 kam der EcoTalker, mit dem ich mit einer AirCard telefonieren konnte. Allerdings gab es damit immer wieder Probleme und nach zwei Jahren gab ich auf, mit dem Talker zu telefonieren.

Im Oktober 2014 hatte ich das Glück, ein „EcoTalker-Wiedereinsatzgerät“ mit Bluetooth zu bekommen und nun kann ich selbständig telefonieren und SMS schreiben und empfangen. Ganz optimal ist das auch nicht, denn es muss immer ein mit dem Talker gekoppeltes Mobiltelefon in meiner Nähe sein.

Seit  1982 bin ich regelmäßig in der Bildungs- und Erholungsstätte Langau in Oberbayern. Dort werden viele Freizeiten und Aktionen angeboten, bei denen behinderte und nichtbehinderte Menschen zusammentreffen. Kurze Zeit nachdem ich meinen ersten Talker hatte, wurde ich dort ins Leitungsteam aufgenommen, denn ich war nun in der Lage, mich bei Besprechungen problemlos einzubringen, meine Meinung zu äußern und gemeinsame Aktionen mit zu planen und mit zu gestalten.

Bis November 2011 lebte ich bei meinen Eltern. Jetzt lebe ich im selben Ort in einer eigenen Wohnung mit 24-Stunden-Assistenz, in der Nähe meiner Eltern. Die Kommunikation mit den Assistentinnen ist durch den Talker natürlich einfach und ich kann ihnen z. B. alles erklären, wenn sie sich noch nicht gut auskennen und mich mit ihnen unterhalten.

2009 bis 2013 nahm ich an der Qualifizierungsmaßnahme zur isaac-Co-Referentin teil. Dabei geht es um die Qualifizierung unterstützt sprechender Menschen für die Mitwirkung im Bereich von Fortbildung und Beratung. Ich habe großen Spaß, bei Schulungen zur „Unterstützten Kommunikation“ dabei zu sein und meine Erfahrungen einzubringen. Prentke Romich habe ich schon bei Veranstaltungen und bei der REHAB in Karlsruhe unterstützt.

Annemarie Schuster

Online-Schulungen von Prentke Romich

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Aimé: „Endlich kann ich zeigen, was ich kann!“

Ein Mittagessen in der Tagesstätte der „Lebenshilfe Memmingen“: Wie fast jeden Tag schmeckt Aime das Essen sehr gut. Er bittet um einen Nachschlag und fordert seine Mitschüler auf, ihm ein Getränk zu reichen. Aimé ist sehr höflich. Nach dem Essen geht er zu den Köchinnen und bedankt sich für das gute Essen. Er wünscht sich für die nächste Woche sein Leibgericht, Hamburger, und fragt freundlich, ob die Damen das im Speiseplan unterbringen. Eigentlich keine besondere Geschichte. Das Besondere daran ist jedoch, dass Aimé sich bis vor 3 Jahren nur  mit 3 bis 4 Gebärden mitteilen konnte. Heute plaudert er mit seinen Mitschülern, den Lehrern und gerne auch mal mit den Betreuern anderer Gruppen über seinen Tag und seine Erlebnisse. Das kann er nun mit Hilfe seines Talkers.

Aimé hat die Diagnose „frühkindlicher Autismus“. Er besuchte die schulvorbereitende Einrichtung an seinem Heimatort und geht seit der ersten Klasse in das Förderzentrum Notkerschule der Lebenshilfe in Memmingen. Die Nachmittage verbringt er in der heilpädagogischen Tagesstätte.

Schon sehr bald war klar, dass Aimé aufgrund seiner Autismusspektrumsstörung  auch langfristig über keine aktive verbale Sprache verfügen wird. Der sehr kontaktfreudige Junge suchte jedoch immer wieder nach eigenen Möglichkeiten, sich mit seiner Umwelt auszutauschen und sich mitzuteilen. In den ersten Schuljahren wurden Aime Gebärden vermittelt, die aktiv im Unterricht und in der Freizeit eingefordert wurden. Auch heute noch verwendet der Schüler die Zeichen für „Ja“ und „Nein“, „bitte“ und „danke“. Allerdings hat er darüber hinaus wenige Gebärden angenommen. Erschwerend für die Verständigung ist zudem, dass der Jugendliche die Zeichen sehr ungenau und hastig ausführt und damit nicht immer richtig verstanden wird.

Mit einigen Personen an der Schule kann er sich auch heute noch über eine Schreibtafel sehr differenziert mitteilen. Dies erfordert allerdings sehr viel Zeit und  eine ruhige Umgebung.

Damit Aimé sich besser verständigen kann, wurde ein Kommunikationsbuch für ihn gestaltet. In dem Buch sind Bilder aus dem Programm Boardmaker, nach Themen sortiert, mit Klettverschlüssen angebracht. Aimé kann also beispielsweise das Bild „CD“ auswählen, wenn er Musik hören will.  Damit konnte er seine Wünsche mitteilen, vom Wochenende erzählen oder auch etwas über sich berichten. Allerdings nutzte er das Buch nur innerhalb des Klassenzimmers und auch nur dann, wenn er etwas haben wollte. Im Unterricht war Aimé nach wie vor sehr eingeschränkt und konnte seine Fähigkeiten und sein Können nur wenig zum Ausdruck bringen. Spontane Äußerungen sind damit nicht möglich. Während der Wochenplanarbeit saß er meist sehr demotiviert da und ließ ein Stück Schnur in der Hand kreisen. Ohne direkte Betreuung arbeitete er nie. Er wartete immer auf eine „Stützperson“, die mit ihm arbeitete. Die Mitschüler beachteten Aimé wenig, da er sich oft in sich zurückzog.

Eine  kleine Veränderung brachte der „AnybookReader“. Mit Hilfe des Stiftes konnte Aime nun im Morgenkreis die Mitschüler mit dem Namen begrüßen, den Stundenplan vorlesen und auch im Unterricht mit aufbereiteten Materialien etwas laut sagen. Erstaunlich war, wie positiv seine Mitschüler auf Aimes neue Möglichkeiten reagierten. Eine Klassenkameradin brachte immer wieder ihre Freude darüber zum Ausdruck, dass Aime nun endlich „mitreden“ kann und nicht mehr andere für ihn sprechen.  Aber allen war klar, dass die kommunikativen Fähigkeiten des Schülers damit noch lange nicht ausgeschöpft sind und dass er auch seine kognitiven Leistungen bei weitem nicht zum Ausdruck bringen kann. Allerdings war Aimé dank des Einsatzes des Anybook Readers schon deutlich mehr motiviert, sich am Unterricht zu beteiligen. Deshalb wurde bei der Krankenkasse ein Talker zunächst zum Ausprobieren beantragt. Schon bald sah man Aime nur noch mit seinem SmallTalker in der Schule unterwegs. Mit erstaunlicher Geschwindigkeit eignete er sich ein großes Vokabular an und verwendete es auch sehr schnell ohne Aufforderung. Dank der logischen Struktur des Programms „Quasselkiste 60“ findet Aimé viele Wörter, die er noch nicht gelernt hat, auch ohne Hilfe. Inzwischen fragen die Lehrkräfte den Schüler, wo bestimmte Wörter zu finden sind. Bemerkenswert ist auch, wie gut Aimé Wörter, die im Programm nicht zu finden sind, geschickt umschreibt.

Auch im Unterricht meldet er sich eifrig zu Wort. Die Mitschüler warten, bis Aimé seine Wörter und Sätze auf dem Gerät formuliert. Der eine braucht eben länger, bis er eine Antwort im Kopf formuliert, der andere braucht etwas Zeit, bis er sie mit Hilfe seines Gerätes zum Ausdruck bringt. Inzwischen beziehen die Mitschüler Aimé in viele Spiele mit ein, sie fragen ihn ganz selbstverständlich, was er trinken will, welche Farbe er beim „Mensch-ärgere-dich-nicht“ haben will oder welches Spiel er überhaupt spielen will. Aimé kann ja immer eine Antwort geben. Auch bei Lernaufgaben ist Aimé ein beliebter Partner, da er viele Aufgaben besser und schneller beantworten kann, als mancher Mitschüler.

Vom Außenseiter zum Schülersprecher

In diesem Schuljahr ist ein großer Wunsch von Aimé in Erfüllung gegangen. Jahrelang hat er sich selbst als Klassensprecher vorgeschlagen, aber die Mitschüler meinten immer: „Wie soll das denn gehen? Er kann ja bei den Versammlungen gar nicht für uns sprechen.“ Bei der letzten Wahl ist Aimé jedoch mit deutlicher Mehrheit zum Klassensprecher und anschließend sogar zum zweiten Schülersprecher gewählt worden. Denn jetzt kann er für sich und andere sprechen und zeigen, was er auf dem Kasten hat.

Interview mit Aimé:

Wie verbringst Du Deine Zeit daheim?
A: Fernsehen

Was schaust Du an im Fernsehen?
A: Filme auf Video

Was machst Du in der Schule am liebsten?
A: Mit dem Talker arbeiten

Hat sich etwas verändert zwischen Dir und Deinen Mitschülern?
A: Ich bin mit anderen in Kontakt.

Glaubst Du, dass die Mitschüler jetzt anders über Dich denken, seitdem Du den Talker hast?
A: Ich bin nicht mehr dumm.

Denkst Du, die anderen dachten, Du bist dumm?
A: Ja

Jetzt kannst Du zeigen, was Du alles weißt?
A: Ja

Macht Dir die Schule mehr Spaß, seit Du mitreden kannst?
A: Ja

Haben sich die Lehrer Dir gegenüber verändert?
A: Ja

Was hat sich verändert?
A: Sie fragen mich mehr.

Musst Du mehr arbeiten?
A: Ja

Gefällt Dir das?
A: Ja

Was bedeutet es für Dich, dass Du Schulsprecher geworden bist?
A: Ich bin wichtig

Was siehst Du als Deine Aufgabe als Schulsprecher?
A: Ich kann reden mit den Lehrern über Fehler in der Schule.

Das heißt, Du kannst für Deine Mitschüler etwas verbessern?
A: Ja

Warum hast Du bis jetzt nichts gesagt?
A: Keiner hat mit mir geredet.

Hast Du jetzt mehr Kontakt zu Deinen Mitschülern?
A: Ja, ich melde mich mehr.

Und in der Freizeit ?
A: ich kann mitspielen.

Was ist denn Dein Lieblingsspiel?
A: Solo

Gibt es noch etwas wichtiges für Dich?
A: Alle sollen einen Talker bekommen.

Macht es Dir Sorgen, wenn Du in eine andere Klasse kommst?
A: Ja

Möchtest Du den anderen zeigen, dass es auch anstrengend ist, mit dem Talker zu arbeiten?
A: Ja

Kannst Du mit dem Talker alles sagen, was Du möchtest?
A: Nein, manchmal fehlen Wörter.

Dürfen wir sagen, dass Du früher nur mit Dingen gewedelt hast?
A: Ja

Wir dachten, dass du faul bist, war das ungerecht?
A: Ja

Möchtest Du noch etwas sagen?
A: Ich bin dankbar, nicht mehr stumm zu sein.

Möchtest Du, dass ein Bericht über dich im Heft veröffentlicht wird?
A: Ja

Was hat sich für Dich, seit Du den Talker hast, verändert?
A: Ich kann meine Bedürfnisse mitteilen.

Was darf man von Dir erzählen?
A: Gute Sachen

Was ist gut?
A: Ich kann sagen äußern.

Darf man Bilder von Dir zeigen?
A: Ja

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