Erstellen des Wochenplans mit MultiFoXX 24
Ich heiße Niels, bin 35 Jahre alt und ich wohne in Frankfurt am Main. Ich arbeite in den Oberurseler Werkstätten als Aktenvernichter. Am Wochenende wohne ich bei meinen Eltern, während der Woche in meiner eigenen Wohnung mit Betreuung rund um die Uhr.
Meine Geburt ist ganz normal verlaufen. Die Ärzte haben nichts festgestellt. Auch die ersten Untersuchungen bei der Kinderärztin waren ganz ohne Befund. Weil ich eine ältere Schwester habe, hat meine Mutter gemerkt, dass meine Entwicklung „anders“ verläuft als bei meiner Schwester. Die Bedenken hat die Kinderärztin nicht ernst genommen. Erst nach einem halben Jahr wurde ich eingehend untersucht. Man hat festgestellt, dass meine Mutter in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft eine Infektion hatte, die „Cytomegalie“ heißt. Diese Infektion geht im Körper ohne besondere Symptome einher, und bei mir hat sie Schäden in meinem Gehirn verursacht. Ich habe eine Tetraspastik, kann nicht sprechen, habe mit vier Jahren laufen gelernt. Schon im frühen Alter habe ich mir körpereigene Zeichen ausgedacht, mit denen ich mit meinen Eltern kommunizieren konnte. UK gab es zu dieser Zeit nicht. Mit 8 Jahren wurde ich in eine Regelgrundschule mit zwei weiteren Kindern mit Handycap in eine Integrationsklasse eingeschult. Nach der Grundschule war ich bis zur 10. Klasse ebenfalls in einer Integrationsklasse der IGS in meinem Stadtteil. Nach der 10. Klasse besuchte ich noch zwei Jahre eine Schule für Körperbehinderte Menschen. Ich kann nicht lesen, nicht schreiben und nicht rechnen. Während meiner Schulzeit habe ich überwiegend mit Metacom-Symbolen und meinen körpereigenen Zeichen kommuniziert. Als ich ca. 10 Jahre alt war, hatte meine Mutter Kontakt zu einer Eltern-Therapeuten-Gruppe, die sich mit UK beschäftigten.
Meine Eltern haben für mich einen Step by Step, einen GoTalk und einen Sprachcomputer (Aladin Talk) anschafft. Die Betreuungspersonen waren fachlich nicht geschult und keines der Geräte wurde genutzt. Auch meiner Logopädin war Unterstützte Kommunikation fremd, und ich galt mit 20 Jahren als logopädisch „austherapiert“. In der Werkstatt gab es auch keine Menschen, die sich mit Kommunikationsgeräte auskannten. Bis vor fünf Jahren habe ich mit körpereigenen Zeichen, einem Ordner mit Metacom-Symbolen und mit Wochenendgeschichten, die mir meine Mutter jedes Wochenende mit meinen Erlebnissen erstellt, kommuniziert. Seit 2015 besitze ich auf Empfehlung einer Beratungsstelle einen Nova Chat 10 mit LogoFoxx 80 und MultiFoxx 24. Aus den obengenannten Gründen kam der Talker nicht zum Einsatz. Für meine Eltern war das Programm bei der einmaligen Einweisung eine totale Überforderung. Logopädische Behandlung gab es zu dieser Zeit nicht mehr: Ich war ja bereits „austherapiert“.
Dann kam für mich die große bedeutende Wendung für meine Kommunikation: Durch eine Empfehlung habe ich vor fünf Jahren einen Therapieplatz bei einer Logopädin in der Nähe von Frankfurt bekommen. Es stellte sich heraus, dass ich das Programm innerhalb kurzer Zeit anwenden konnte. Durch intensive und kompetente fachgerechte Begleitung durch die Logopädin wurde mein Talker auf meine Bedürfnisse eingerichtet. Begleitet wurde die Arbeit der Logopädin zeitnah und intensiv zuhause. Dadurch ist eine Vielzahl von – auf mich zugeschnittenen – Metacomsymbolen entstanden, die regelmäßig weiter ergänzt werden. Gleichzeitig habe ich den Talker in die Werkstatt und in meiner Betreuung „eingeführt“. Wichtig ist, dass der Talker immer mein „Sprachrohr“ ist. Und nur auch dafür ist er gedacht. Ich spiele nicht mit meinem Talker und schaue auch keine Videos, höre auch keine Musik damit. Dafür habe ich andere Geräte. Meine Eltern haben darauf bestanden, dass ich ihn überall mitnehme (auch wenn ich es zu Beginn überhaupt nicht notwendig fand und es nicht eingesehen habe). Zu dieser Zeit stand er auch einfach neben mir ohne dass ich ihn benutzt habe.
Niels sagt zu seinem Vater: „Ich wurde gefragt, nicht du!!!“
Die ersten positiven Erlebnisse außerhalb der Therapie waren Geburtstagsfeiern in der Familie und im Freundeskreis: Auf einmal hatte ich auch etwas zu sagen: Ich konnte z.B. sagen: „Ich mag meine Cousine““Ich habe eine neue Freundin“ und alle hörten es auch. Diese Erlebnisse wiederholten sich immer öfter und ich habe verstanden, dass ich mich auch ohne „Dolmetscher meiner Eltern“ verständigen kann. Jetzt begrüße ich zu meinem Geburtstag mit meinem Talker meine Gäste selbst. Ich kann Erlebnisse, die aktuell anstehen, über das MultiFoxx 24 anderen mitteilen. Wenn meine Eltern jetzt für mich antworten, sage ich über eine Talkertaste: „Ich wurde gefragt, nicht du!“ Unter der Rubrik „Personen“ sind alle meine Verwandten und Freunde präsent. Da ich mich sehr für alle großen Autos, Lastwagen und Wohnmobile interessiere, habe ich allein für „Fahrzeuge“ meinen Talker um vier weitere Seiten erweitert; dort finde ich u.a. alle gängigen Automarken Ich kann über das Fotobuch bei MultiFoxx von meinen Urlauben erzählen. Mein Talker steht auf dem Küchentisch in meiner Wohnung und zuhause. Jedes Wochenende wird der aktuelle Wochenplan für die kommende Woche aktualisiert. So habe ich gelernt, Wochentage und Monate zu unterscheiden. Ich weiß jetzt wann ich meine Therapie-Termine habe, und ich kann sie selbst den Betreuern mitteilen. Auch werden am Wochenende Symbole, die ich benötige, neu eingefügt. Über besondere Erlebnisse von mir, gibt es kleine Video-Clips (z.B. die Fahrt mit einem LKW oder mit einem Wohnmobil), die ich immer wieder aufrufen kann. Ich kann zwar keine grammatikalisch korrekten Sätze formulieren, aber wenn ich etwas sagen will, werde ich trotzdem verstanden. Aufgrund der Initiative der Logopädin trifft sich regelmäßig eine Talkergruppe in der Logopädischen Praxis. Darüber gibt es demnächst auch hier in den Benutzergeschichten einen Beitrag.
Niels begrüßt auf
seiner Geburtstagsfeier
seine Gäste mit dem
NovaChat
Angeregt durch die Talkergruppe bei der Logopädin, hat meine Mutter in der Werkstatt auch eine Talkergruppe gegründet. In der Werkstatt treffen wir uns seit zwei Jahren einmal in der Woche mit 6 Mitarbeiter*innen zur Talker-Kommunikation. Außer mir kommuniziert eine Person mit einem Accent. Die anderen vier Teilnehmer*innen haben andere Kommunikationsgeräte. Ihr könnt‘ Euch gar nicht vorstellen wie glücklich ich bin, dass ich diese Logopädin kennengelernt habe, die mir die Kommunikation mit meinem NovaChat ermöglicht hat!!!