Ich bin Steffi, 36 Jahre alt und habe eine starke Spastik. In meinem Leben habe ich schon viel erlebt!
Bei meiner Geburt bin ich im Geburtskanal stecken geblieben, dadurch habe ich einen Sauerstoffmangel gekriegt. Die ersten paar Monate war nicht klar, ob was zurück geblieben ist, bis dann meine Mutter gemerkt hat das ich verkrampft bin. Dann ist meine Mutter mit mir zum Arzt gegangen. Der Arzt hat eine Spastik diagnostiziert und mir Krankengymnastik verschrieben. Bis zur Schule hat meine Familie mich sehr unterstützt und mir viel beigebracht. Sie haben mich wie ein Kind ohne Behinderung behandelt.
Mit sieben Jahren wurde ich eingeschult. Ich bin auf eine Schule für Körperbehinderte gegangen. Da habe ich gedacht aus mir wird mal für meine Verhältnisse ein normales Mädchen das was lernen kann. Bis zur 6. Klasse war das auch so, aber dann sind andere Lehrer in die Klasse gekommen, und von da an hat sich vieles verändert. Auf einmal wurde alles schwer für mich zum einen weil ich gemerkt habe das mein Körper sich verändert, die Spastik wurde stärker und ich wusste nicht wie ich damit umgehen soll. Ich ärgere mich heute noch darüber, dass ich damals nie mein Mund auf gemacht habe. Ich hätte fragen können, ob ich nicht in einer anderen Klasse besser aufgehoben wäre. Meine Mitschüler konnten und haben viel schneller gelernt als ich, und da ich nicht mehr mitgekommen bin, hat mich das traurig gemacht.
Aber dann habe ich einen Talker bekommen, das musste ich dann auch noch lernen! Mein erster war ein Delta Talker. Aber das ging ganz schnell, es gab dann eine Talker Gruppe da hat man gelernt wie man mit dem Talker umgeht. Von da an konnte ich alles sagen was ich wollte! Als ich noch nicht lesen und schreiben konnte und noch keinen Talker hatte, hatte ich eine Kommunikationstafel. Mit Hilfe eines Kopfzeigers konnte ich auf die Buchstaben und Wörter tippen. Den Talker habe ich auch mit dem Kopfzeiger bedient! In der Schule habe Ich auch einen Elektrorollstuhl gekriegt, den ich mit dem Kopf steuere.
In der Schule musste ich mit vielem klar kommen, worüber ich mir heute keine Gedanken mehr machen muss. Zum Beispiel musste ich, wenn ich auf Toilette musste immer erst durch die ganze Schule fahren um mir jemanden zu suchen der mit mir zur Toilette geht. Zivis und Lehrer durften es nicht, und die Krankenschwester war immer unterwegs. Die Lehrer wussten nicht was sie mit mir machen sollten, weil ich ja nicht mehr mitgekommen bin im Unterricht, da haben die mich Fliesen zählen lassen. Meine Lehrerin wollte immer, dass ich eine Magensonde kriege, weil ich durch die Spastik nicht Kauen kann. Mir muss das Essen auch heute ganz klein gemacht werden. Die Lehrer fanden das anstrengend und hatten oft keine Zeit mir das Essen zu geben, weil das zu lange dauerte. Zum Glück hatte ich Mitschüler die mir helfen konnten, die haben mir das Essen dann gegeben! Meine Lehrerin hat auch immer zu mir gesagt, dass ich meinen Platz auf räumen soll wenn ich das gekonnt hätte, hätte ich das gemacht. Das selbst zu machen war undenkbar und meine Mitschüler zu fragen war schwierig, die mussten ja selbst gucken, dass alles in Ordnung war.
Viele Jahre haben mir meine Spastiken wahnsinnige Probleme bereitet, bis das richtig diagnostiziert werden konnte.
Seitdem bin ich in Münster in Behandlung, da reduzieren sie noch weiter die Medikamente. Es hat sich sehr gebessert, auch meine Bewegungsstörungen sind viel besser geworden. Die Bewegungsstörungen sind zwar immer noch da und die kriegt man auch nicht mehr weg, aber es ist wirklich kein Vergleich mehr zu früher! Damals hat mich das wirklich jeden Tag extrem gestört, weil ich immer so starke Spastiken hatte. Es war Tag für Tag richtige Arbeit für mich. Egal ob es die Mahlzeiten waren, das Sitzen, Anziehen, es war einfach alles schwierig. Wenn ich jetzt daran zurück denke und das lese, bin ich sehr froh und auch stolz dass es einfach so ist wie es jetzt ist! Dank den Botox-Spritzen die ich alle 3 Monate in Arme und Beine kriege, ist das alles noch besser geworden.
Ich hatte 2018 die Idee dass ich eine Augensteuerung für mein Talker testen und ausprobieren möchte. Erst hatte ein Talker-Berater starke Bedenken ob ich das hin kriege, weil er mich nur kannte wie ich sehr unruhig war. Er ist dann zu mir gekommen und hat mit mir die Augensteuerung ausprobiert. Er war begeistert wie gut ich das hin bekommen habe! Nach langem Theater mit der Krankenkasse, Bangen und Hoffen dass die Augensteuerung genehmigt wird, war es dann endlich im Dezember 2018 soweit!
Die Augensteuerung habe ich dann gekriegt. Einen Accent 1400 mit einer NuEye Augensteuerung. Erst ging es nicht so gut weil ich erst lernen musste wohin ich genau gucken muss. Es gibt zwei Ar-ten wie man die Augensteuerung bedienen kann, eine Möglichkeit ist: die Einstellung blinzeln, bei dieser Einstellung muss man blinzeln um ein Feld auszulösen. Dann gibt es noch die Einstellung Blickkontakt, da muss man für eine bestimmte Zeit auf eine Taste gucken dann wird die ausgelöst. Ich habe beide Ansteuerungsmethoden ausprobiert, und mittlerweile finde ich für mich Blickkontakt am besten! Der Talker muss immer den richtigen Abstand und Winkel haben. Wenn das nicht der Fall ist und der Talker nicht im richtigen Winkel steht, hat man Probleme.
Die Kalibrierung des Gerätes ist sehr wichtig. Auch wenn ich die Augensteuerung jetzt schon länger habe, ich merke selber wie ich den Kopf halten muss und welche Entfernung für mich am besten ist! Um mit der Augensteuerung richtig gut klar zu kommen, braucht man seine Zeit bis man alles so hat wie man sich das vorstellt. Ich habe rausgefunden, wenn der Talker weiter unten ist, also nicht auf Augenhöhe, dass das dann noch besser geht. Das habe ich bei Youtube gesehen und dann aus probiert, und tatsächlich geht das viel besser. Ich kann das jetzt so noch besser. Wie ge-sagt, es braucht alles seine Zeit, bis man seine perfekte Einstellung gefunden hat. Jetzt habe ich überhaupt keine Schwierigkeiten mehr, ich finde das total einfach jetzt. Manchmal braucht man einfach ein paar Anreize um zu sehen und merken, was für einen am besten ist. Jetzt bin ich eine coole Frau die hinter einer Maschine sitzt, die ausschließlich mit den Augen spricht!!!
Im März 2019 war ich auf einem Talker-Seminar, da habe ich gelernt wie man mit dem Talker mit Skype umgeht. Da waren nur Leute mit einem Talker. Ich würde sehr gerne an mehr Seminaren und Fortbildungen teilnehmen. Als nächstes Projekt Habe ich geplant, Schülern an der Regelschule Wissen über Menschen mit Behinderungen und Kommunikationshilfen zu vermitteln. Meine Be-treuer aus der Werkstatt unterstützen mich dabei sehr.
Für die Zukunft wünsche ich mir, dass ich ganz vielen Leuten die auch einen Talker haben helfen und diesen Leuten Mut und Wissen vermitteln kann. Das wird ein langer Weg, ich werde es aber schaffen. Wie sagt man so schön? Nur der Weg ist das Ziel!!